Zunächst mal zur Beispielaufgabe:
Dass A2 hier richtig ist, macht man sich leicht klar. P1 sagt, dass alle Unterhemden am Dienstag grau sind, und P2 sagt, dass an diesem Tag grau unwahrscheinlich ist. Also sind alle Unterhemden am Dienstag unwahrscheinlich. Ferner sagt P3, dass Dinge, die am Dienstag unwahrscheinlich sind, sichtbar sind. Da alle Unterhemden am Dienstag unwahrscheinlich sind, müssen sie somit sichtbar sein. Und das war ja gerade die Aussage A2.
Dass A1 hier nicht gefolgert werden kann, liegt vor allem an der Zeitangabe. Damit beantwortet sich dann auch deine Frage, ob der Dienstag hier als Angabe wichtig ist - ja, ist er. A1 stellt die Behauptung auf, dass alle Unterhemden unwahrscheinlich sind. Das ist eine generelle Aussage ohne zeitliche Einschränkung. Aus den Angaben kann aber nur gefolgert werden, dass Unterhemden am Dienstag unwahrscheinlich sind. Es gibt aber noch andere Wochentage. Und deshalb könnte sich auf die Gesamtsicht (möglicherweise) ergeben, dass Unterhemden generell wahrscheinlich sind. Man kann also mit den wenigen Angaben nicht A2 mit absoluter Sicherheit folgern.
Nun zum Generellen. Ein genaues System, wie man so etwas löst, kenne ich leider nicht. Aber es lassen sich doch zwei wesentliche Dinge feststellen:
Wenn du zu einer Aussage ein Gegenbeispiel konstruieren kannst, dass die Vorgaben nicht verletzt, dann kann die Aussage nicht aus den Vorgaben gefolgert werden. Oben hätten wir beispielsweise zu A1 das Gegenbeispiel konstruieren können, dass Unterhemden an allen Wochentagen außer am Dienstag wahrscheinlich sind. Das widerspricht nicht unseren Vorgaben, dafür aber der Aussage A1. Also kann A1 nicht aus den Vorgaben gefolgert werden. (Das klappt deshalb, weil widerspruchsfreie logische Systeme nicht dadurch widersprüchlich werden können, indem man zu den geltenden Axiomen ein neues unabhängiges Axiom hinzunimmt)
Wenn man zeigen will, dass eine Aussage aus den Vorgaben gefolgert werden kann, dann muss man wie bei einem mathematischen Beweis mit den Vorgaben und mit Logik eine Implikationskette finden, an dessen Ende dann die Aussage steht. Oben haben wir zum Beispiel gezeigt: P1 und P2 implizieren "Am Dienstag sind alle Unterhemden unwahrscheinlich". P3 und "Am Dienstag sind alle Unterhemden unwahrscheinlich" implizieren A2.
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Zur Aufgabe:
In A1 ist von "belebt" die Rede. Aber davon ist in den Vorgaben nicht mal ansatzweise etwas zu lesen. A1 kann also nicht gefolgert werden.
A2 spricht von "können". Das bedeutet, wir müssen einfach nur überprüfen, ob es nach den Vorgaben für Vorschriften erlaubt wäre, im Morgengrauen bis zum Abend zu dauern. Und tatsächlich gibt es nichts, das dem im Wege stünde. A2 kann also gefolgert werden.
Zu A3 können wir leicht ein Gegenbeispiel konstruieren: "Sonnenstrahlen sind im Morgengrauen rot (und nicht verdunkelt) und dauern bis zum Abend". Das widerspricht keiner der Vorgaben, aber der Aussage A3. Also kann A3 nicht aus den Vorgaben gefolgert werden.
Zu A4 können wir das Gegenbeispiel etwas abändern: "Sonnenstrahlen sind am Abend rot und im Morgengrauen verdunkelt". Auch das widerspricht den Vorgaben nicht. Aber da Sonnenstrahlen am Abend rot sind, können sie nicht vollkommen weiß sein. Trotzdem sind sie im Morgengrauen verdunkelt. Das ist ein Widerspruch zu A4. Deshalb kann A4 nicht aus den Vorgaben gefolgert werden.
Bei solchen Aufgaben ist es immer wichtig, den Wortsinn und nicht die Worte an sich zu betrachten. "Ganz und gar", "vollkommen", usw. bedeuten alle das gleiche; können also äquivalent benutzt werden. Man muss aber aufpassen. Das "ganz und gar" aus P1 bezieht sich hier zum Beispiel (so wie ich das sehe) auf das "verdunkelt". In diesem Fall ist das "ganz und gar" tatsächlich überflüssig. Aber solche Formulierungen können in anderen Szenarien wichtig sein. Beispiel: "P1: Erdbeeren sind immer ein bisschen gelb. P2: Was ganz und gar gelb ist, ist auch lecker." Daraus könnte nicht gefolgert werden "Erdbeeren sind lecker". In den meisten Fällen stehen solche Ausdrücke nicht zur Verwirrung da, sondern weil sie wichtige Einschränkungen sind. Und daher hab ich leider eine schlechte Nachricht für dich: Die Grundmuster solcher Aussagen können beliebig kompliziert werden. Die von dir aufgeführten Grundmuster sind also bei weitem nicht alle. Und du wirst es nie schaffen, sie alle aufzuschreiben.
Zur nächsten Aufgabe:
Aus P1 und P2 kann man "Alle A haben C" folgern. Um zu klären, ob man daraus auch "Einige A haben C" folgern kann, müssen wir uns klar machen, was "einige" überhaupt bedeutet. "Einige A erfüllen Eigenschaft X" bedeutet üblicherweise "Es gibt eine Teilmenge von A, die die Eigenschaft X erfüllt". Wenn alle A die Eigenschaft X erfüllen, dann ist die Sache klar, denn A ist eine Teilmenge von A und A erfüllt die Eigenschaft X. Also ist die Definition erfüllt und es lässt sich sagen "Einige A erfüllen die Eigenschaft X". Für das Beispiel bedeutet das: Es lässt sich "Einige A haben C" folgern.
Wie du schon richtig festgestellt hast, lässt sich hingegen "Einige A haben nicht C" nicht folgern. Wir wissen, alle A haben C, also kann es keine Teilmenge von A geben, die nicht C hat. Die Definition ist also nicht erfüllt. ─ 42 05.05.2020 um 15:46
vielen Dank. Das ganze einmal detailliert durchexerziert zu bekommen, war unglaublich hilfreich und mir ist tatsächlich ein Licht aufgegangen, so, dass ich jetzt solche zusätzlichen Bedingungen wie die Zeitangaben besser zuzuordnen weiß!
Ich will deine Hilfe nicht überstrapazieren, aber es würde mir sehr helfen, wenn du vielleicht noch einmal an einer zweiten Aufgabe, mit der ich auch Probleme habe so schön erklären würdest, wie man das ganze logisch angeht!
P1 Im Morgengrauen sind Vorschriften ganz und gar verdunkelt.
P2 Im Morgengrauen ist Verdunkeltes vollkommen weiß.
P3 Was vollkommen weiß ist, kann bis zum Abend andauern.
A1 Vorschriften sind belebt
A2 Vorschriften können im Morgengrauen bis zum Abend andauern.
A3 Was bis zum Abend andauert, ist im Morgengrauen vollkommen weiß.
A4 Was nicht vollkommen weiß ist, ist auch im Morgengrauen nicht verdunkelt.
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Ich bin selbst Geisteswissenschaftler und das wird mir hier vielleicht zum Verhängnis, denn ich hänge mich hier vielleicht zu sehr an Worten auf. Ich frage mich ob so unterschiedliche Formulierungen wie "ganz und gar" oder "vollkommen" nur angewendet werden um einen etwas zu verwirren, sie letztendlich aber das gleiche bedeuten wie "Alle" [A sind B] , dass man also genauso gut schreiben könnte "Im Morgengrauen sind alle Vorschriften verdunkelt". Im Grunde kann es ja immer nur die Grundmuster geben: Alle A machen/ist/whatever B; Kein A macht B, Einige A machen B, Einige A machen nicht B. Korrekt? Dass heißt die ungewöhnliche Wortwahl kann auch immer nur eine Variation dieser Grundmuster bedeuten, so dass die angeführten Beispiele als ALLE gelesen werden kann, ja?
Vielleicht kannst du an der zweiten Aufgabe auch noch mal die Technik mit dem "Gegenbeispiel konstruieren" erklären, das habe ich noch nicht 100% verstanden.
Eine Frage die mir auch noch nicht klar ist ist folgendes, nehmen wir mal an:
P1 Alle A können B.
P2 Was B kann, hat C.
Kann man daraus schlussfolgern: Einige A haben C? oder dürfte man nur schlussfolgern: Alle A haben C? Man kann auf jeden Fall nicht schlussfolgern: Einige A haben nicht C, korrekt?
Vielen Dank! :) ─ odradek 05.05.2020 um 04:13