Abel'scher Grenzwertsatz - vernünftige Erklärung?

Aufrufe: 1116     Aktiv: 05.07.2020 um 18:12

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Leider helfen mir die Definitionen nicht weiter. 

Mit dem Konvergenzradius kenne ich mich aus. Und dass er keine Aussage liefert für Werte am Konvergenzrand weiß ich. 

Der abel'sche Grenzwertsatz soll es erlauben eine Aussage für das Konvergenzverhalten für |x| am Konvergenzrand zu treffen, aber ich habe Schwierigkeiten die Vorgehensweiße zu verstehen. 

Hat jemand eine gute und genaue Beschreibung?

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Gegeben sei die Potenzreihe \( \sum_{n=0}^\infty a_n x^n \) mit Konvergenzradius \(R\).

Der Abelsche Grenzwertsatz besagt nun: Ist \( \sum_{n=0}^\infty a_n R^n \) konvergent, dann gilt \( \sum_{n=0}^\infty a_n R^n = \lim_{x \to R} \sum_{n=0}^\infty a_n x^n \).

Anders ausgedrückt: Ist \( \sum_{n=0}^\infty a_n R^n \) konvergent, dann lässt sich die Funktion \(f:(-R,R) \to \mathbb{R} \) mit \( f(x)=\sum_{n=0}^\infty a_n x^n \) auf \((-R,R]\) stetig fortsetzen durch \(f(R) = \sum_{n=0}^\infty a_n R^n \).

Zunächst ist wichtig, zu verstehen, dass der Abelsche Grenzwertsatz keine Aussage zur Konvergenz auf dem Rand macht. Die Konvergenz ist eine Voraussetzung, um den Satz anwenden zu können. Man muss also schon wissen, ob die Reihe für \(x=R\) konvergiert.

Der Satz liefert eine Aussage zur Stetigkeit bzw. stetigen Fortsetzbarkeit und damit eine Limes-Darstellung der Reihe \( \sum_{n=0}^\infty a_n R^n \). Das sollte einen eigentlich nicht überraschen, denn es ist recht naheliegend, dass \( \lim_{x \to R} \sum_{n=0}^\infty a_n x^n = \sum_{n=0}^\infty a_n R^n \) ist, wenn \( \sum_{n=0}^\infty a_n R^n \) existiert.

Warum ist der Satz nun nützlich? Betrachten wir beispielsweise die Reihe \( \sum_{n=0}^\infty \frac{(-1)^n}{2n+1} \). Nach dem Leibnitz-Kriterium ist diese Reihe konvergent. Das ist zwar schön, aber wir wüssten natrülich auch gerne, welchen genauen Wert diese Reihe hat.

Hier kommt nun der Abelsche Grenzwertsatz ins Spiel. Wir betrachten die Taylorreihe des Arkustangens \( \arctan(x) = \sum_{n=0}^\infty \frac{(-1)^n}{2n+1}x^{2n+1} \).

Die Bestimmung des Konvergenzradius der Reihe, beispielsweise mit der Formel von Cauchy-Hadamard, liefert \( R=1 \). Also gilt diese Reihen-Darstellung auf \((-1,1)\).

Wir wissen nun schon, dass die Reihe \( \sum_{n=0}^\infty \frac{(-1)^n}{2n+1} x^{2n+1} \) auch für \(x=1\) konvergiert. Der Abelsche Grenzwertsatz liefert somit

\( \sum_{n=0}^\infty \frac{(-1)^n}{2n+1} = \lim_{x \to 1} \sum_{n=0}^\infty \frac{(-1)^n}{2n+1} x^{2n+1} = \lim_{x \to 1} \arctan(x) = \arctan(1) = \frac{\pi}{4} \).

Mit dem Abelschen Grenzwertsatz haben wir also nun den genauen Wert von \( \sum_{n=0}^\infty \frac{(-1)^n}{2n+1} \) herausgefunden.

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Danke für deine Antwort.

Wieso impliziert R = 1, dass die Reihen-Darstellung im Intervall (-1,1) gilt? Finde dazu nichts im Skript.

D.h. um es nochmal zu verinnerlichen. Wenn eine Potenzreihe konvergent ist mit einem Radius R, dann ist der Wert von f(R) der Wert der Reihe?
  ─   binaryg22 05.07.2020 um 17:01

Die Implikation folgt direkt aus der Definition des Konvergenzradius und der Taylorentwicklung. Ein Konvergenzradius von 1 heißt ja gerade, dass die Reihe auf (-1,1) konvergiert. Das ist die Definition. Dass der Arkustangens dann tatsächlich auch gleich der Potenzreihe ist, folgt aus den Sätzen über die Taylorentwicklung.

Nein, so kann man den Satz nicht zusammenfassen. Eine Potenzreihe ist ja immer konvergent mit einem eindeutigen Konvergenzradius R. Es geht darum, dass die Potenzreihe auch für x=R konvergieren muss (das ist ja im Allgemeinen nicht der Fall). Wenn die Reihe auch für x=R konvergiert, dann kann man f stetig fortsetzen und f(R) entspricht dann dem Wert der Reihe für x=R.
  ─   42 05.07.2020 um 18:12

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