Hallo maltesser,
die Antwort von André ist richtig. Ich würde das aber ganz gerne etwas genauer beschreiben. Es geht dabei um den sogenannten Gini-Koeffizienten. Nimm an, es ginge um die Verteilung der Haushaltseinkommen in Entenhausen.
Du zeichnest also ein Koordinatenkreuz mit dem Anteil an allen Haushalten auf der x-Achse und dem Anteil am Gesamteinkommen aller Entenhausener Haushalte auf der y-Achse.
Wenn alle Haushalte dasselbe Haushaltseinkommen haben, dann ist das so:
- 10 Prozent aller Hauhalte verfügen über 10 Prozent des Entenhausenser Haushaltsgesamteinkommens;
- 25 Prozent aller Hauhalte verfügen über 25 Prozent des Entenhausenser Haushaltsgesamteinkommens;
- 50 Prozent aller Hauhalte verfügen über 50 Prozent des Entenhausenser Haushaltsgesamteinkommens;
- 83,6 Prozent aller Hauhalte verfügen über 83,6 Prozent des Entenhausenser Haushaltsgesamteinkommens;
- usw.
Es ergibt sich dann eine Gleichverteilungsdiagonale. Die Lorenzkurve ist nun eine Kurve, die sich aus den real beobachteten Entenhausener Hauhaltseinkommen ergibt. Das folgende Bild aus dem Wikipedia-Artikel zum Gini-Koeffizienten macht die Bedeutung der Lorenzkurve deutlich:
Der Gini-Koeffizient berechnet nun, wie groß der Anteil der Fläche zwischen der Gleichverteilungsdiagonalen und der Lorenzkurve an der gesamten Fläche unterhalb der Gleichverteilungsdiagonalen ist. Wenn die Fläche zwischen der Gleichverteilungsdiagonalen und der Lorenzkurve Lorenzfläche und die Fläche unterhalb der Gleichverteilungsdiagonalen Dreiecksfläche (weil sie dreieckig ist) genannt wird, dann berechnet sich der Gini-Koeffizient nach Formel (1):
$$\textrm{Gini}=\frac{\textrm{Lorenzfläche}}{\textrm{Dreiecksfläche}} \tag{1}$$
Die Lorenzfläche lässt sich bestimmen, wenn die Fläche unterhalb der Lorenzkurve von der Dreiecksfläche abgezogen wird. Daraus ergibt sich Formel (2):
$$\textrm{Gini}=\frac{\textrm{Dreiecksfläche}-\textrm{Fläche unterhalb der Lorenzkurve}}{\textrm{Dreiecksfläche}} \tag{2}$$
Um die Fläche unterhalb der Lorenzkurve zu bestimmen, könnte natürlich ein Integral gebildet werden. Nomalerweise sind aber von der realen Lorenzkurve nur einige Punkte, vieleicht zwei oder drei, bekannt. Deshalb werden aus der Kurve mehrere gerade Strecken, die abgeknickt aneinanderliegen. Damit haben wir es mit der Flächenberechnung leichter, weil die Fläche unterhalb der Lorenzkurve jetzt komplett aus Teilflächen zusammensetzt ist, die ausschließlich aus Rechtecken und rechtwinkligen Dreiecken bestehen.
Die Gesamtfläche des Diagramms ist \(100\,\%\cdot100\,\%=1\cdot1=1\). Die Dreiecksfläche ist die Hälfte davon, also 0,5 bzw \(\frac{1}{2}\). Wird dieser Wert in Formel (2) eingesetzt, dann ergibt sich Formel (3):
$$\textrm{Gini}=\frac{0,5-\textrm{Fläche unterhalb der Lorenzkurve}}{0,5} \tag{3}$$
Diese Berechnung des Gini-Koefizienten bedeutet: Wenn die Lorenzkurve genau auf der Gleichverteilungsgeraden liegt, dann ist der Gini-Koeffizient gleich 0. Je weiter sich die Lorenzkurve von der Gleichverteilungsgeraden entfernt, desto höher wird der Gini-Koeffizient.
Kritik
- Da die exakte Einkommensverteilung fast nie bekannt ist, ist der Gini-Koeffizient sehr ungenau. Insbesondere ist fast nichts über die Einkommen der Reichen und Superreichen bekannt. Beim Vermögen ist das noch extremer. Das bedeutet, dass der Gini-Koeffizient die tatsächliche Ungleichheit in der Regel bedeutend unterschätzt.
- Der Gini-Koeffizient misst soziale Ungleichheit nur an Einkommen oder Vermögen, nicht aber an sozialem Status oder Bildung.
- Der Gini-Koeffizient hat einen Höchstwert, der unterhalb von 1 liegt und sich immer stärker 1 annähert, je mehr Haushalte in seine Berechnung eingehen. Wenn in einem Dorf mit 10 Bauern 1 Bauer alle Kühe besitzt und die anderen 9 Bauern nichts, dann liegt der Gini-Koeffizient bei 0,9. Wenn bei 100 Bauern ein Bauer alle Kühe besitzt, dann liegt der Gini-Koeffizient bei 0,99. Beide Werte sind aber die jeweiligen Maximalausprägungen. Deshalb gibt es eine Korrektur, die den Gini-Koeffizienten durch den jeweils gegebenen Maximalwert teilt.
Viele Grüße
jake2042
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