wenn du die JNF aufstellen kannst, sollten dir die verallgemeinerten Eigenräume begenet sein.
$$ \mathrm{Kern}(A-\lambda_i E_n)^s $$
ist so ein verallgemeinerter Eigenraum. Die Dimensionen dieser verallgemeinerten Eigenräume musst du bestimmen um die JNF aufstellen zu können. Wenn du die Basis dieses Kerns bestimmst, hast du den verallgemeinerten Eigenraum gefunden. Durch den konstruktiven Beweis der JNF ist außerdem ein Algorithmus entstanden, wie man aus den Basen der verallgemeinerten Eigenräume die Hauptvektoren für die Transformationsmatrix auswählt. Das solltest du dir vielleicht auch noch einmal angucken.
Schau dir mal den Wikipedia Artikel dazu an. Dort steht der Algorithmus eigentlich sehr gut beschrieben. Du kannst auch gerne mal eine Beispielrechnung durchführen und hier hochladen. Falls noch etwas unklar ist, melde dich nochmal.
Grüße Christian

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─ user9902 29.09.2021 um 10:27
Erstmal zum Hintergrund. Je nach Wahl der Basis des Vektorraums, haben Abbildungsmatrizen (obwohl sie die selbe Abbildung beschreiben) eine andere Gestalt. Deshalb hat man sich überlegt, wie und ob man die Basis eines Vektorraums so ändern kann, dass eine Matrix eine besonders schöne (und damit meine ich leicht zu handhabende) Gestalt haben.
Der erste Gedanke ging dann hin Richtung Diagonalmatrix. Eine Diagonalmatrix existiert aber nur, wenn das charakteristische Polynom über den betrachteten Körper komplett in Linearfaktoren zerfällt und wenn die geometrische Vielfachheit gleich der algebraischen Vielfachheit für jeden Eigenwert ist.
Das ist leider aber für viele Matrizen nicht gegeben.
Deshalb hat man versucht, andere sehr schöne Gestalten zu bekommen. Es gibt dafür verschiedene Normalformen. Eine davon ist die Jordan Normalform. Eine Jordan Normalform existiert, wenn das charakteristische Polynom über dem betrachteten Körper komplett in Linearfaktoren zerfällt.
Die Gleichheit der Vielfachheiten ist hier nicht mehr von Nöten. Damit besitzt beispielsweise jede Matrix über den komplexen Zahlen eine JNF, denn in den komplexen Zahlen zerfällt jedes Polynom in Linearfaktoren.
Bis hierhin erstmal klar?
Nun ist der Anfang zur JNF der selbe wie zur Diagonalmatrix: Wir bestimmen zuerst das charakteristische Polynom und bestimmen dann alle Nullstellen (Eigenwerte). Wie oft ein Eigenwert Nullstelle des Polynoms ist, beschreibt die algebraische Vielfachheit.
Dann bestimmen wir den Eigenraum des Eigenwertes
$$ \mathrm{Kern}(A- \lambda_i E_n)$$
Wir bestimmen dafür also die Matrix $A- \lambda_i E_n$ und prüfen, welche Vektoren auf den Nullvektor abgebildet werden. Wir lösen also das homogene LGS, das die Matrix $A- \lambda_i E_n$ als Koeffizientenmatrix hat. Wir erhalten hier unendlich viele Lösungen. Diese unendlich vielen Lösungen bilden einen neuen Untervektorraum (den Eigenraum). Zu diesem Vektorraum lässt sich auch eine Basis finden (die Eigenvektoren).
Die Dimension dieses Eigenraums ist die geometrische Vielfachheit. Die Dimension kann man auch über den Rangs der Matrix bestimmen. Das hast du auch schon für die JNF gemacht.
Als nächstes betrachtest du dann die Matrix $(A- \lambda_i E_n)^2$. Hier bestimmst du wieder die Basis des Kerns. Das machst du solange, bis der verallgemeinerte Eigenraum die gleiche Dimension hat, wie die algebraische Vielfachheit.
Dann auf zum nächsten Eigenwert und das ganze prozedere von vorne bis du alle Eigenwerte durch hast.
Nach dem Algorithmus auf Wikipedia, kann man dann die Hauptvektoren auswählen, die dann die Transformationsmatrix bilden. ─ christian_strack 29.09.2021 um 10:44
Erstmal aber vielen Dank!
Den Hintergrund von dem ganzen hab ich jetzt verstanden, bei den Eigenräumen blicke ich noch nicht so ganz durch. Können wir das evtl mal anhand meiner Beispielmatrix machen..? ─ user9902 29.09.2021 um 11:03
Ja dann bestimm doch mal zu aller erst charakteristisches Polynom und alle Eigenwerte. ─ christian_strack 29.09.2021 um 11:07
also das char. Polynom ist -(λ+1)(λ-2)^2, also ist der erste EW -1 und der zweite ist 2.
─ user9902 29.09.2021 um 11:10
─ user9902 29.09.2021 um 11:17
0 3 0
0 3 0 ─ user9902 29.09.2021 um 11:22
Wir bringen die Matrix nun in Zeilenstufenform. Wie sieht das aus? ─ christian_strack 29.09.2021 um 11:28
Müssen wir dazu nicht aus der 3 in der letzten Zeile eine 0 machen? ─ user9902 29.09.2021 um 11:29
Genau die letzte Zeile wird zu einer Nullzeile. Wie sieht die Matrix also aus?
─ christian_strack 29.09.2021 um 11:33
3 4 -3
0 3 0
0 0 0 ─ user9902 29.09.2021 um 11:34
$$ \left( \begin{matrix} 3 & 4 & -3 \\ 0 & 3 &0 \\ 0 & 0 & 0 \end{matrix} \right. \left| \begin{matrix} 0 \\ 0 \\ 0 \end{matrix} \right) $$
Kannst du das LGS lösen? ─ christian_strack 29.09.2021 um 11:36
$$ \mathrm{Kern}(A-(-1)E_3) = \left< \begin{pmatrix} 1 \\ 0 \\ 1 \end{pmatrix} \right> $$
Da der Eigenwert die algebraische Vielfachheit 1 hat, sind wir hiermit schon fertig. Wenn wir $(A-(-1)E_3)^2$ bestimmen, erhalten wir wieder nur unseren bereits bestimmten Eigenraum. Wir können also niemals mehr Eigenvektoren finden, als die algebraische Vielfachheit uns sagt.
Also weiter zum nächsten Eigenwert. Wie sieht nun die Matrix $(A-\lambda_2E_3)$ aus? ─ christian_strack 29.09.2021 um 11:43
0 4 -3
0 0 0
0 3 -3 ─ user9902 29.09.2021 um 11:45
$$ \mathrm{dim}(V) = \mathrm{rg}(A) + \mathrm{dim}(\mathrm{Kern}(A)) \Rightarrow 3 = 2 + 1 $$ ─ christian_strack 29.09.2021 um 11:46
Jetzt kommt das erste mal etwas neues im Vergleich zur Diagonalisierung einer Matrix.
Wie sieht die Matrix $(A-2E_3)^2$ aus? ─ christian_strack 29.09.2021 um 11:54
ähhhm
0 -9 9
0 0 0
0 -9 9 ─ user9902 29.09.2021 um 11:56
Ja genau. Wie ist hier der Kern? ─ christian_strack 29.09.2021 um 11:57
$$ \mathrm{Kern}(A-(-1)E_3) = \left< \begin{pmatrix} 1 \\ 0 \\ 1 \end{pmatrix} \right> $$
$$ \mathrm{Kern}(A-2E_3) = \left< \begin{pmatrix} 1 \\ 0 \\ 0 \end{pmatrix} \right> $$
$$ \mathrm{Kern}(A-2E_3)^2 = \left< \begin{pmatrix} 1 \\ 0 \\ 0\end{pmatrix}, \begin{pmatrix} 0 \\ 1 \\ 1 \end{pmatrix} \right> $$
Für den ersten Eigenwert müssen wir jetzt nichts mehr machen. Wir haben unseren Hauptvektor gefunden und wissen, durch die algebraische Vielfachheit von 1, dass der einzige Jordan Block zum Eigenwert -1 die Länge 1 hat.
Da wir die algebraische Vielfachheit von 2 beim Eigenwert 2 haben, haben wir entweder 2 Jordan Blöcke der Länge 1 oder einen Jordan Block der Länge 2. Da wir für $(A-2E_3)^2$ einen anderen Kern als für $(A-2E_3)$ bekommen, wissen wir, dass wir einen Jordan Block der Länge 2 haben. Das hat folgenden Grund:
Um die Hauptvektoren zu erhalten suchen wir uns eine sogenannte Hauptvektorkette durch die verallgemeinerten Eigenräume. Wir fangen dabei bei dem mit der größten Dimension an. Also $(A-2E_3)^2$. Dann wählen wir einen Vektor aus diesem verallgeinerten Eigenraum aus, der nicht im verallgemeinerten Eigenraum mit einer kleineren Dimension ist.
Welchen Vektor können wir aus $ \mathrm{Kern}(A-2E_3)^2$ wählen, der nicht in $ \mathrm{Kern}(A-2E_3)$ ist? ─ christian_strack 29.09.2021 um 12:11
Das ist dann der Vektor (0, 1, 1) ─ user9902 29.09.2021 um 12:15
Es gilt immer
$$ \mathrm{Kern}(A-2E_3)^{s-1} \subseteq \mathrm{Kern}(A-2E_3)^s $$
Deshalb bestimmen wir solange die nächste Potenz, bis unser verallgemeinerter Eigenraum die gleiche Dimension hat wie die algebraische Vielfachheit des Eigenwertes. ─ christian_strack 29.09.2021 um 12:17
$$ v_i^{s-1} = (A-\lambda_iE_n)v_i^s $$
Nicht wundern, der Index $i$ steht für die Zuordnung zum Eigenwert und die Potenz $s$ ist auch als Index zu verstehen. Also rechnest du
$$ v_2^1 = (A-2E_3)v_2^2$$
mit $ v_2^2 = \begin{pmatrix} 0 \\ 1 \\ 1 \end{pmatrix} $ ─ christian_strack 29.09.2021 um 12:20
Wir haben den Hauptvektor $v_1^1 = \begin{pmatrix} 1 \\ 0 \\ 1 \end{pmatrix}$ zum Eigenwert $\lambda_1 = -1$ und die Hauptvektorkette $v_2^1 = \begin{pmatrix} 1 \\ 0 \\ 0 \end{pmatrix} , v_2^2 = \begin{pmatrix} 0 \\ 1\\ 1 \end{pmatrix}$. zum Eigenwert $\lambda_2= 2$. Da die beiden Hauptvektoren eine Kette bilden, bilden sie in der Matrix auch einen Block. Wir erhalten also als JNF $J = \begin{pmatrix} -1 & 0 & 0 \\ 0 & 2 & 1 \\ 0 & 0 & 2 \end{pmatrix} $ mit der Transformationsmatrix $ T= \begin{pmatrix} 1 & 1 & 0 \\ 0 & 0 & 1 \\ 1 & 0 & 1 \end{pmatrix}$. Also ist
$$ A = T^{-1} \cdot J \cdot T $$ ─ christian_strack 29.09.2021 um 12:26
Eine Frage hätte ich noch. Kann der Prof da iwas wegen Jordanbasis oder nilzyklischer Zerlegung fragen? Falls ja, könntest du mir kurz sagen, was ich da antworten muss? :D ─ user9902 29.09.2021 um 12:29
Nilzyklisch habe ich nicht mehr so auf dem Schirm. Ich denke aber, dass es sich dabei um die verallgemeinerten Eigenräume handelt. Diese bilden wie oben beschrieben eine Untervektorraumkette. Würde ich aber nochmal in dein Skript gucken. Bin ich mir gerade sehr unsicher. ─ christian_strack 29.09.2021 um 12:34
Zur JNF von meinem Beispiel oder wozu?
Viele Grüße :) ─ user9902 29.09.2021 um 10:01