Determinante, Lineare Abhängigkeit

Aufrufe: 939     Aktiv: 21.06.2021 um 10:52

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Habe das Prinzip der Determinante noch nicht verstanden. 

Wenn man die Determinante einer Matrix bestimmt hat, und diese ungleich Null ist, dann gibt es eine Lösung für das LGS, für die Matrix gibt es eine inverse Matrix und das Gleichungssystem ist linear abhängig. 

Doch was bedeutet diese lineare Abhängigkeit? Von was überhaupt abhängig? 
Wenn die Determinante Null wäre, dann wäre das LGS also nicht lösbar? Wieso wäre das dann schlimm, wenn die Matrix linear unabhängig wäre? 

Habt ihr vielleicht noch ein passendes Beispiel dazu? Und einen Praxisbezug, wo einem solche Probleme begegnen könnten und weshalb die Determinante nun so relevant ist?
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Student, Punkte: 111

 

Du verwechselst glaub lineare Unabhängigkeit mit linearer Abhängigkeit. Wenn die Determinante 0 ist, sind die Spalten/Zeilen der Matrix linear abhängig. Dann gibt es keine (eindeutige) Lösung. Weil du eigentlich mehr Unbekannte als Gleichungen hast (du hast nicht mehr Gleichungen, nur weil du eine quasi doppelt hinschreibst)   ─   sorcing 21.06.2021 um 10:38
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Sei $A$ eine Matrix. Ist $\det(A)\neq0$, dann ist das Gleichungssystem $A$ invertierbar und damit das Gleichungssystem $Ax=b$ für jedes $b$ eindeutig lösbar durch $x=A^{-1}b$. Aus der Sicht von Abbildungen bedeutet das, dass die Abbildung $x\mapsto Ax$ ein Isomorphismus von Vektorräumen ist, also dass die Spalten der Matrix eine Basis bilden, also insbesondere linear unabhängig sind. DU hast in deinen Überlegungen linear unabhängig und linear abhängig vertauscht. Seien $v_1,\ldots,v_n$ die Spalten der Matrix. Linear unabhängig bedeutet, dass es keine nichttriviale Linearkombination  der Null aus den $v_i$ gibt, also dass aus $a_1v_1+\ldots+a_nv_n=0$ stets $a_1=\ldots=a_n=0$ folgt. Daraus folgt, dass man jeden Vektor im Erzeugnis der linear unabhängigen Vektoren eindeutig als Linearkombination darstellen kann.

Ist die Determinante dagegen $0$, dann gibt es entweder keine oder mehr als eine Lösung des Gleichungssystems und die Matrix ist nicht invertierbar. Da die Spalten der Matrix dann kein Erzeugendensystem bilden und nicht unabhängig sind, kann es sein, dass dein $b$ in $Ax=b$ nicht im Erzeugnis der Spaltenvektoren liegt, dann gibt es keine Lösung. Wenn $b$ im Erzeugnis der Spaltenvektoren liegt, dann gibt es wegen der Linearen Abhängigkeit mehr als eine Lösung des Gleichungssystems.

Beispiele: $$A=\begin{pmatrix}1&2\\2&5\end{pmatrix}\qquad B=\begin{pmatrix}6&-2\\-3&1\end{pmatrix}$$ Du rechnest leicht nach, dass $\det(A)=1$, d.h. $A$ ist invertierbar und das Gleichungssystem $Ax=b$ hat für jedes $b\in\mathbb R^2$ eine eindeutige Lösung, die man sogar direkt angeben kann als $$x=A^{-1}b=\frac1{\det(A)}\begin{pmatrix}5&-2\\-2&1\end{pmatrix}b=\begin{pmatrix}5&-2\\-2&1\end{pmatrix}b$$ Dagegen ist $\det(B)=0$, und zum Beispiel das Gleichungssystem $Bx=\binom11$ hat keine Lösung, das Gleichungssystem $Bx=\binom{2}{-1}$ dagegen hat unendlich viele Lösungen $\binom0{-1}+\mathbb R\binom13$.

Zum Lösen eines Gleichungssystems verwendet man die Determinante in der Praxis selten, da das Berechnen einer Determinante für große Matrizen deutlich aufwendiger ist als das Lösen des Gleichungssystems zum Beispiel mit dem Gauß-Algorithmus. Trotzdem ist die Determinante ein nützliches Werkzeug für allgemeine Aussagen, ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet ist das Bestimmen von Eigenwerten und -vektoren.

Ein schönes elementares Beispiel für die Verwendung von Determinanten ist Folgendes: Gegeben $n+1$ Punkte $(x_0,y_0),\ldots,(x_n,y_n)$ mit paarweise verschiedenen $x_i$ wollen wir zeigen, dass es ein eindeutiges Polynom vom Grad $n$ gibt, das durch diese Punkte geht. Um das zu zeigen, beginnen wir mit einem Polynom vom Grad $n$ $f(x)=a_nx^n+\ldots+a_0$ und setzen die Punkte ein, wodurch wir ein Gleichungssystem der Form $a_nx_i^n+\ldots+a_0=y_i$, also in Matrixschreibweise $$\begin{pmatrix}1&x_0&\ldots&x_0^n\\1&x_1&\ldots&x_1^n\\\vdots&\vdots&\ddots&\vdots\\1&x_n&\ldots&x_n^n\end{pmatrix}\begin{pmatrix}a_0\\a_1\\\vdots\\a_n\end{pmatrix}=\begin{pmatrix}y_0\\y_1\\\vdots\\y_n\end{pmatrix}$$Dieses Gleichungssystem hat genau dann für ale $y_i$ eine Lösung, wenn  die Determinante dieser Matrix von $0$ verschieden ist. Ich werde jetzt hier nicht die Determinante ausrechnen, weil das eine längere Rechnung ist, aber das Ergebnis ist $\prod_{i<j}(x_i-x_j)$, was ungleich $0$ ist, da die $x_i$ nach Annahme paarweise verschieden sind. Damit ist die Behauptung gezeigt. Du siehst, dass die Determinante hier eine sehr wesentliche Rolle im Beweis gespielt hat, die man nicht einfach ersetzen könnte.

Ich hoffe, diese (sehr lange) Antwort klärt deine Verwirrung und gibt dir ein paar Denkanstöße. Wenn noch etwas unklar ist, kannst du gern nochmal nachfragen.
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