Definition der Integralfunktion

Aufrufe: 884     Aktiv: 20.01.2021 um 13:15

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Liebes Forum,

ich habe eine Frage zur Definition der Integralfunktion.

 

Die linke Variante ist diejenige, die man regulär in den Lehrbüchern findet.

Meine Frage: Weshalb wird der Integrand mit der Variblen t eingeführt? Ich meine, mir ist schon klar, dass x in diesem Fall die Grenze ist, bis zu welcher die Fläche "eingesammelt" wird. 

Aber wieso würde das mit der rechten Variante schief gehen? Bzw. würde es das überhaupt? Danke für eure Hilfe!

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Das \(x\) bekommt in der rechten Variante zwei unterschiedliche Bedeutungen, einmal ist es die Integrationsgrenze und dann ist es die Integrationsvariable. Diese doppelte Bedeutung führt zu Verwirrungen.

Mal angenommen, die Funktion wäre \( f(t)=x \) (hier ist das \(x\) aus der Integrationsgrenze gemeint), dann kann man nach der rechten Variante einfach \( \int_a^x f(x) \ dx = \int_a^x x \ dx = (x-a)x \) schreiben. Nun nehmen wir die Funktion \( f(t)=t \), dann kann man nach der rechten Variante schreiben \( \int_a^x f(x) \ dx = \int_a^x x \ dx = \frac{x^2 - a^2}{2} \).

Also einerseits kann \( \int_a^x x \ dx = (x-a)x \) sein und andererseits kann aber auch \( \int_a^x x \ dx = \frac{x^2 - a^2}{2} \) sein.

Wenn du also einfach nur \( \int_a^x x \ dx \) schreibst, dann ist überhaupt nicht klar, was damit eigentlich gemeint ist. Und das ist schlecht.

Die linke Variante hingegen ist immer eindeutig.

 

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Danke für die Antwort, ich versuche es mal in eigenen Worten wieder zu geben:

1. Im Prinzip ist das von dir beschriebene Problem der rechten Variante, das gleiche, wie oben vom Benutzer stal.

Wenn der Integrand als Variable die Grenze enthält, würde man immer die orientierte Fläche unter einer Konstanten erhalten, was im Allgemeinen (wie bereits in unserem Fall mit den linearen Term) nicht korrekt ist.

Richtig?

Was ich jetzt allerdings nicht so ganz verstehe ich deine Version für f(t)=t. Da man ja wieder (fälschlicherweise) für t=x einsetzt (laut der rechten Definition) müsste da ja einfach wieder über die konstante Funktion x( Grenze) integriert werden.

Ich würde sagen, dass man auf die richtige Version ...=(x^2-a^2)/2 tatsächlich nur dann kommt, wenn man eben die linke Definition der Integralfunktion benutzt...

Davon, dass dx für verschiedene Grenzen keinen Sinn ergibt.

Was sagst du dazu?
1000 Dank!
  ─   handfeger0 19.01.2021 um 12:30

Das Problem, das ich hier schildere ist nicht genau das gleiche wie von stal. Das Problem bei \( \int_a^x x \ dx \) ist, dass die Funktion \( x \) im Integranden sowohl als \( f(t)=x \) als auch als \( f(t)=t \) interpretiert werden kann. Man kann nicht sagen, welcher Fall hier vorliegt. Deshalb ist die Schreibweise \( \int_a^x x \ dx \) nicht eindeutig.
Analog kann man sich überlegen, dass generell die Schreibweise \( \int_a^x f(x) \ dx \) nicht eindeutig ist. Einerseits könnte der Integrand \( f(x) \) die Funktion \( f \) meinen. Es könnte aber auch die konstante Funktion \( g(t) = f(x) \) gemeint sein.
  ─   42 19.01.2021 um 15:16

Ok. Ist mir jetzt klar.

Was ich jetzt noch nicht 100%ig verstanden habe: Wir haben jetzt F(x) und wir haben f(t). Der Hauptsatz sagt Haber ja jetzt, dass F'(x)=f(x) und nicht f(t).

Da wird dann jetzt einfach die Variable ausgetauscht, da es jetzt nicht mehr zweideutig ist? Jetzt ist das Argument einfach die Stelle, an die man die Funktion auswertet?
  ─   handfeger0 19.01.2021 um 17:26

Hier wird keine Variable ausgetauscht. Wir haben zunächst \( F(x) = \int_a^x f(t) \ dt \). Das ist eine ganz normale Funktion, sogar eine Funktion, die man ableiten kann. Und es zeigt sich: Die Ableitung \( F^\prime \) hat an der Stelle \( x \) den gleichen Wert wie \( f \), deshalb \( F^\prime(x)=f(x) \).
Dass wirklich \( F^\prime(x)=f(x) \) gilt, ist ein mathematisches Resultat, das im Allgemeinen nicht einfach zu sehen ist.
  ─   42 19.01.2021 um 17:50

Vielleicht noch kurz die Beweisidee:
Um die Ableitung \( F^\prime \) an der Stelle \( x \) zu berechnen, brauchen wir den Differenzenquotient. Den stellen wir jetzt mal auf:
\( \frac{F(x+h)-f(x)}{h} \) \( = \frac{1}{h}( \int_a^{x+h} f(t) \ dt - \int_a^x f(t) \ dt ) \) \( = \frac{1}{h} \int_x^{x+h} f(t) \ dt \)
Für \( h \to 0 \) erhalten wir hieraus die Ableitung \( F^\prime(x) \) (das ist ja gerade die Definition der Ableitung).
Man kann jetzt aber zeigen, dass \( \frac{1}{h} \int_x^{x+h} f(t) \ dt \) für \( h \to 0 \) gegen \( f(x) \) geht. Also muss \( F^\prime(x)=f(x) \) sein.
  ─   42 19.01.2021 um 18:03

Ja der Beweis ist mir bekannt. Den verstehe ich,
Wenn man aber jetzt vom Beweis "weggeht" und sich eine klassische Aufgabe anguckt:

Die müsste ja formal Strenggenommen so lauten: Gegeben sie f(t)=4t^3. Zeigen Sie, dass F eine Stammfunktion von f ist. Wir müssen also formal zeigen, dass F'(x)=f(t). Weil wir ja jetzt besprochen haben, dass der Integrand nicht die Grenze als Argument haben soll.

Sei jetzt z.B. F(x)=x^4+2 . Wenn man das ableitet, erhält man: F'(x)=4x^3=f(x).
Das unterscheidet sich ja jetzt aber von f(t)=4t^3 oder nicht?

Wie schließe ich jetzt sozusagen stringent den Nachweis ab? Ich will ja zeigen, dass F'(x)=f(t) und nicht F'(x)=f(x).
Das meinte ich mit Austausch der Variablen.

  ─   handfeger0 19.01.2021 um 19:18

\( F^\prime(x)=f(t) \) ist einfach falsch, demnach kann man das auch nicht zeigen.
\( F^\prime(x)=f(x) \) und \( F^\prime(t)=f(t) \) ist hingegen richtig. Beides sind Schreibweisen für dieselbe Sache. Völlig äquivalent. Die Funktion \( f(x)=4x^3 \) ist dieselbe Funktion wie \( f(t)=4t^3 \).
  ─   42 19.01.2021 um 19:42

Okay. Dass heisst i.A. wäre die Aufgabe: Gegeben sei f(x)=4x^3. Zeigen Sie, dass F(x)=x^4+2 eine Stammfunktion von f(x) ist.

Sprich: Man ersetzt die Variabel x durch t nur, damit man den Beweis führen kann. Und wenn man die Integralfunktion benutzt?

Also für den Beweis liegt im Prinzip erstmal auch f(x) vor. Man ersetzt da dann aber x durch t aus oben genannten Gründen?
  ─   handfeger0 19.01.2021 um 19:51

Es gibt keine Stammfunktion von \( f(x) \). Es gibt nur eine Stammfunktion von \( f \). \( f(x) \) ist der Funktionswert von \( f \) an der Stelle \( x \). \( f \) ist eine Funktion. Das ist ein großer Unterschied.
Man schreibt und sagt zum Beispiel niemals sowas wie "Die Funktion \( f(x) \) hat eine Nullstelle", sondern entweder "Die Funktion \( f \) hat eine Nullstelle" oder "Die Funktion f(x)=3x+2 \) hat eine Nullstelle" (wenn die Funktion \( f(x)=3x+2 \) ist).
Wenn du zeigen musst, dass \( F \) eine Stammfunktion von \( f \) ist, dann musst du zeigen, dass \( F^\prime(x)=f(x) \) ist.
Im Beweis wird übrigens nirgendswo eine Variable ersetzt. Insbesondere geht \( \frac{1}{h} \int_x^{x+h} f(t) \ dt \) für \( h \to 0 \) wirklich gegen \( f(x) \). Hier wurde nicht plötzlich \( t \) durch \( x \) ersetzt, sondern das gilt tatsächlich genau so mit dem \( x \) aus der Integralgrenze.
  ─   42 19.01.2021 um 20:00

Um noch mal auf deine erste Frage zurückzukommen: Mögliche Aufgabentypen wären:
Zeigen Sie, dass \( F(x)=x^4+2 \) eine Stammfunktion von \( f(x)=4x^3 \) ist.
Gegeben seien \( F(x)=x^4+2 \) und \( f(x)=4x^3 \). Zeigen Sie, dass \( F \) eine Stammfunktion von \( f \) ist.
Gegeben sei \( f(x)=4x^3 \). Zeigen Sie, dass \( F(x)=x^4+2 \) eine Stammfunktion von \( f \) ist.
Gegeben sei \( F(x)=x^4+2 \). Zeigen Sie, dass \( F \) eine Stammfunktion von \( f(x)=4x^3 \) ist.
  ─   42 19.01.2021 um 20:12

Bester Mann!
Sprich: Wenn man zeigen will, dass F eine Stammfunktion von f ist, bedeutet dass, dass die Ableitung F' an der Stelle x (deshalb F'(x)) den gleichen Wert annimmt , wie f an der Stelle x (deshalb f(x)).
  ─   handfeger0 19.01.2021 um 21:20

Ganz genau! :)   ─   42 19.01.2021 um 21:21

Vielen, vielen Dank! Ich lasse das jetzt mal sacken.
Falls ich morgen nochmal ne Frage habe, kommentiere ich einfach nochmal.

Dir jetzt einen schönen Abend!
  ─   handfeger0 19.01.2021 um 21:22

Kein Ding :)
Ja. Wenn dann noch irgendwas unklar sein sollte, helfe ich gerne noch mal weiter.

Dir auch einen schönen Abend :)
  ─   42 19.01.2021 um 21:24

Ich habe nochmal über die Frage mit den Variablen nachgedacht.
Als man die Ableitung eingeführt hat mittels Differenzialquotient, hat man ja zunächst an einer beliebigen Stelle x0 geschaut. Z.b: f(x)=x^2+x. Bestimmen Sie die Ableitung von f (gemeint ist ja im Detail: die Ableitungsfunktion, die jeder Stelle x die Steigung von f zuordnet).

f'(x0)=2x0+1.
Jetzt ist es aber ja wirklich so, dass man sagt: Das gilt für jedes x0, deshalb ersetzt man x0 einfach durch x, Was ist jetzt der Unterschied zwischen x0 und x? Dachte immer x0 sei eine "feste" Stelle und x steht für alle Stellen.

Passt das?
  ─   handfeger0 20.01.2021 um 08:11

Du hast im Prinzip recht. Ich würde es aber anders formulieren. Die Sache mit dem \( x_0 \) macht man aus folgendem Grund: Wenn ich einfach schreibe "Die Ableitung von \( f(x)=x^2+x \) an der Stelle \( x \) ist \( f^\prime(x)=2x+1 \)", dann liegt hier \( x \) einmal als gebundene Variable (in der Funktionsdefinition) und einmal als freie Variable (als Stelle) vor, und das ist verwirrend. Wenn man \( x \) als freie Variable verwendet, dann sollte man \( x \) nicht auch noch als gebundene Variable verwenden.
Deshalb benutzt man sehr häufig die Konvention, dass man für Funktionsdefinitionen das \( x \) als gebundene Variable verwendet, also \( f(x)=x^2+x \) oder \( f^\prime(x) = 2x+1 \), und dann für konkrete Stellen auf das \( x_0 \) als freie Variable zurückgreift, also \( f^\prime(x_0)=2x_0+1 \) für die Ableitung von \( f \) an der Stelle \( x_0 \). Das ist aber nur eine Konvention und muss nicht immer befolgt werden. Wichtig ist nur, dass man die Variablen so wählt, dass man nicht durcheinanderkommen kann.
  ─   42 20.01.2021 um 13:15

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Das Problem ist, dass du hier in einem Ausdruck zweimal die Variable \(x\) benutzt und sie jedesmal für verschiedene Dinge steht, einmal als Parameter der Stammfunktion und einmal als Integrationsvariable. Was ist dann \(F_a(2)\)? Eigentlich müsstest du alle \(x\) mit \(2\) ersetzen, also kommst du auf \(\int_a^2f(2)\,d2\)? Bestimmt nicht. Die Integrationsvariable sollte nicht den gleichen Namen haben wie eine Variable, die schon anderweitig definiert ist. Man versteht natürlich trotzdem, was gemeint ist; aber ich würde die Notation trotzdem vermeiden.

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Zunächst danke, dass du mir antwortest. Ich habe zwei Rückfragen.
1. Rückfrage: Angenommen f(x)=2x. Demnach wäre f(2)=4.
Also würde die Integralfunktion in diesem Fall sozusagen die Fläche unter der konstanten Funktion g(x)=4 einsammeln. was falsch ist, da wir die Fläche unter der Funktion f(x)=2x bis zur Stelle 2 "einsammeln" wollen?
2. Was bedeutet d2 ? Also ja, für x 2 eingesetzt, aber was bedeutet das anschaulich?
  ─   handfeger0 19.01.2021 um 10:50

\(d2\) bedeutet nichts, darauf wollte ich hinaus. Diese Notation ergibt überhaupt keinen Sinn, deshalb sollte man sie nicht verwenden. Was du unter 1. geschrieben hast, ist richtig. Wenn man das \(x\) innerhalb des Integrals als das gleiche \(x\) wie das in \(F_a(x)\) versteht, dann integriert man über eine konstante Funktion, was nicht gewollt ist.   ─   stal 19.01.2021 um 10:56

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