Das \(x\) bekommt in der rechten Variante zwei unterschiedliche Bedeutungen, einmal ist es die Integrationsgrenze und dann ist es die Integrationsvariable. Diese doppelte Bedeutung führt zu Verwirrungen.
Mal angenommen, die Funktion wäre \( f(t)=x \) (hier ist das \(x\) aus der Integrationsgrenze gemeint), dann kann man nach der rechten Variante einfach \( \int_a^x f(x) \ dx = \int_a^x x \ dx = (x-a)x \) schreiben. Nun nehmen wir die Funktion \( f(t)=t \), dann kann man nach der rechten Variante schreiben \( \int_a^x f(x) \ dx = \int_a^x x \ dx = \frac{x^2 - a^2}{2} \).
Also einerseits kann \( \int_a^x x \ dx = (x-a)x \) sein und andererseits kann aber auch \( \int_a^x x \ dx = \frac{x^2 - a^2}{2} \) sein.
Wenn du also einfach nur \( \int_a^x x \ dx \) schreibst, dann ist überhaupt nicht klar, was damit eigentlich gemeint ist. Und das ist schlecht.
Die linke Variante hingegen ist immer eindeutig.
Student, Punkte: 7.02K
Analog kann man sich überlegen, dass generell die Schreibweise \( \int_a^x f(x) \ dx \) nicht eindeutig ist. Einerseits könnte der Integrand \( f(x) \) die Funktion \( f \) meinen. Es könnte aber auch die konstante Funktion \( g(t) = f(x) \) gemeint sein. ─ 42 19.01.2021 um 15:16
Was ich jetzt noch nicht 100%ig verstanden habe: Wir haben jetzt F(x) und wir haben f(t). Der Hauptsatz sagt Haber ja jetzt, dass F'(x)=f(x) und nicht f(t).
Da wird dann jetzt einfach die Variable ausgetauscht, da es jetzt nicht mehr zweideutig ist? Jetzt ist das Argument einfach die Stelle, an die man die Funktion auswertet? ─ handfeger0 19.01.2021 um 17:26
Dass wirklich \( F^\prime(x)=f(x) \) gilt, ist ein mathematisches Resultat, das im Allgemeinen nicht einfach zu sehen ist. ─ 42 19.01.2021 um 17:50
Um die Ableitung \( F^\prime \) an der Stelle \( x \) zu berechnen, brauchen wir den Differenzenquotient. Den stellen wir jetzt mal auf:
\( \frac{F(x+h)-f(x)}{h} \) \( = \frac{1}{h}( \int_a^{x+h} f(t) \ dt - \int_a^x f(t) \ dt ) \) \( = \frac{1}{h} \int_x^{x+h} f(t) \ dt \)
Für \( h \to 0 \) erhalten wir hieraus die Ableitung \( F^\prime(x) \) (das ist ja gerade die Definition der Ableitung).
Man kann jetzt aber zeigen, dass \( \frac{1}{h} \int_x^{x+h} f(t) \ dt \) für \( h \to 0 \) gegen \( f(x) \) geht. Also muss \( F^\prime(x)=f(x) \) sein. ─ 42 19.01.2021 um 18:03
Wenn man aber jetzt vom Beweis "weggeht" und sich eine klassische Aufgabe anguckt:
Die müsste ja formal Strenggenommen so lauten: Gegeben sie f(t)=4t^3. Zeigen Sie, dass F eine Stammfunktion von f ist. Wir müssen also formal zeigen, dass F'(x)=f(t). Weil wir ja jetzt besprochen haben, dass der Integrand nicht die Grenze als Argument haben soll.
Sei jetzt z.B. F(x)=x^4+2 . Wenn man das ableitet, erhält man: F'(x)=4x^3=f(x).
Das unterscheidet sich ja jetzt aber von f(t)=4t^3 oder nicht?
Wie schließe ich jetzt sozusagen stringent den Nachweis ab? Ich will ja zeigen, dass F'(x)=f(t) und nicht F'(x)=f(x).
Das meinte ich mit Austausch der Variablen.
─ handfeger0 19.01.2021 um 19:18
\( F^\prime(x)=f(x) \) und \( F^\prime(t)=f(t) \) ist hingegen richtig. Beides sind Schreibweisen für dieselbe Sache. Völlig äquivalent. Die Funktion \( f(x)=4x^3 \) ist dieselbe Funktion wie \( f(t)=4t^3 \). ─ 42 19.01.2021 um 19:42
Sprich: Man ersetzt die Variabel x durch t nur, damit man den Beweis führen kann. Und wenn man die Integralfunktion benutzt?
Also für den Beweis liegt im Prinzip erstmal auch f(x) vor. Man ersetzt da dann aber x durch t aus oben genannten Gründen? ─ handfeger0 19.01.2021 um 19:51
Man schreibt und sagt zum Beispiel niemals sowas wie "Die Funktion \( f(x) \) hat eine Nullstelle", sondern entweder "Die Funktion \( f \) hat eine Nullstelle" oder "Die Funktion f(x)=3x+2 \) hat eine Nullstelle" (wenn die Funktion \( f(x)=3x+2 \) ist).
Wenn du zeigen musst, dass \( F \) eine Stammfunktion von \( f \) ist, dann musst du zeigen, dass \( F^\prime(x)=f(x) \) ist.
Im Beweis wird übrigens nirgendswo eine Variable ersetzt. Insbesondere geht \( \frac{1}{h} \int_x^{x+h} f(t) \ dt \) für \( h \to 0 \) wirklich gegen \( f(x) \). Hier wurde nicht plötzlich \( t \) durch \( x \) ersetzt, sondern das gilt tatsächlich genau so mit dem \( x \) aus der Integralgrenze. ─ 42 19.01.2021 um 20:00
Zeigen Sie, dass \( F(x)=x^4+2 \) eine Stammfunktion von \( f(x)=4x^3 \) ist.
Gegeben seien \( F(x)=x^4+2 \) und \( f(x)=4x^3 \). Zeigen Sie, dass \( F \) eine Stammfunktion von \( f \) ist.
Gegeben sei \( f(x)=4x^3 \). Zeigen Sie, dass \( F(x)=x^4+2 \) eine Stammfunktion von \( f \) ist.
Gegeben sei \( F(x)=x^4+2 \). Zeigen Sie, dass \( F \) eine Stammfunktion von \( f(x)=4x^3 \) ist. ─ 42 19.01.2021 um 20:12
Sprich: Wenn man zeigen will, dass F eine Stammfunktion von f ist, bedeutet dass, dass die Ableitung F' an der Stelle x (deshalb F'(x)) den gleichen Wert annimmt , wie f an der Stelle x (deshalb f(x)).
─ handfeger0 19.01.2021 um 21:20
Falls ich morgen nochmal ne Frage habe, kommentiere ich einfach nochmal.
Dir jetzt einen schönen Abend!
─ handfeger0 19.01.2021 um 21:22
Ja. Wenn dann noch irgendwas unklar sein sollte, helfe ich gerne noch mal weiter.
Dir auch einen schönen Abend :) ─ 42 19.01.2021 um 21:24
Als man die Ableitung eingeführt hat mittels Differenzialquotient, hat man ja zunächst an einer beliebigen Stelle x0 geschaut. Z.b: f(x)=x^2+x. Bestimmen Sie die Ableitung von f (gemeint ist ja im Detail: die Ableitungsfunktion, die jeder Stelle x die Steigung von f zuordnet).
f'(x0)=2x0+1.
Jetzt ist es aber ja wirklich so, dass man sagt: Das gilt für jedes x0, deshalb ersetzt man x0 einfach durch x, Was ist jetzt der Unterschied zwischen x0 und x? Dachte immer x0 sei eine "feste" Stelle und x steht für alle Stellen.
Passt das? ─ handfeger0 20.01.2021 um 08:11
Deshalb benutzt man sehr häufig die Konvention, dass man für Funktionsdefinitionen das \( x \) als gebundene Variable verwendet, also \( f(x)=x^2+x \) oder \( f^\prime(x) = 2x+1 \), und dann für konkrete Stellen auf das \( x_0 \) als freie Variable zurückgreift, also \( f^\prime(x_0)=2x_0+1 \) für die Ableitung von \( f \) an der Stelle \( x_0 \). Das ist aber nur eine Konvention und muss nicht immer befolgt werden. Wichtig ist nur, dass man die Variablen so wählt, dass man nicht durcheinanderkommen kann. ─ 42 20.01.2021 um 13:15
1. Im Prinzip ist das von dir beschriebene Problem der rechten Variante, das gleiche, wie oben vom Benutzer stal.
Wenn der Integrand als Variable die Grenze enthält, würde man immer die orientierte Fläche unter einer Konstanten erhalten, was im Allgemeinen (wie bereits in unserem Fall mit den linearen Term) nicht korrekt ist.
Richtig?
Was ich jetzt allerdings nicht so ganz verstehe ich deine Version für f(t)=t. Da man ja wieder (fälschlicherweise) für t=x einsetzt (laut der rechten Definition) müsste da ja einfach wieder über die konstante Funktion x( Grenze) integriert werden.
Ich würde sagen, dass man auf die richtige Version ...=(x^2-a^2)/2 tatsächlich nur dann kommt, wenn man eben die linke Definition der Integralfunktion benutzt...
Davon, dass dx für verschiedene Grenzen keinen Sinn ergibt.
Was sagst du dazu?
1000 Dank! ─ handfeger0 19.01.2021 um 12:30